Wasserheilkunde

Wasser ist ein einzigartiges „Element".

Es ist die einzige chemische Verbindung, die ihre höchste Dichte in flüssiger Form hat (4° C) und sich bei weiterer Abkühlung wieder ausdehnt.

Wasser ist ebenfalls die einzige chemische Verbindung, die in der Natur in allen drei Aggregatzuständen vorkommt. Wasser hat die höchste Wärmekapazität von allen Flüssigkeiten.

 Trinkwasser aus dem Wasserhahn

Dies erklärt, warum Ozeane gute Wärmespeicher sind. Darüber hinaus hat Wasser die größte Verdampfungsenthalpie, was den kühlenden Effekt beim Schwitzen z.B. erklärt.

Ohne Wasser ist kein Leben denkbar, weswegen Wissenschaftler auf der Suche nach Leben auf anderen Planeten ihr Hauptinteresse auf das Auffinden von Wasser richten. Unser Organismus besteht zu mehr als 70 Prozent aus Wasser.

Nahezu alle physiologischen Funktionen basieren auf der Existenz von Wasser, bzw. sind ohne Wasser nicht möglich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt einen täglichen Wasserkonsum von mindestens 2,5 Litern. Optimal sind 3 Liter.

Bei starker körperlicher Betätigung und in Abhängigkeit von den Außentemperaturen kann sich der Wasserbedarf verdreifachen oder sogar vervierfachen.

Geschichtliches zur Wassertherapie

Bei dieser enormen Vielfalt von nützlichen Eigenschaften des Wassers ist es nicht verwunderlich, dass Wasser schon in der Antike medizinische Bedeutung erlangte.

Die Wassertherapie, oder Hydrotherapie, ist also keine moderne „Erfindung", sondern war bei den Griechen und Römern bereits integraler Bestandteil von therapeutischen Maßnahmen.

Die Griechen glaubten, dass Wasser spezifische Heilkräfte hat. Die Römer errichteten öffentliche Bäder zur Erholung und Behandlung.

In Deutschland gelten als die eigentlichen Begründer der Hydrotherapie der nieder-schlesische Arzt Siegmund Hahn (1664-1742) und dessen Sohn Johann Siegmund Hahn (1696-1773). Letzterer veröffentlichte 1738 ein Buch zur Wassertherapie, das 100 Jahre später von einem Philosophiestudenten namens Sebastian Kneipp (1821-1897) in der Münchener Hofbib-liothek gefunden wurde.

Dieses Buch diente Kneipp als Ideengeber und Vorlage für seine eigene Therapieformen. Er hatte Kaltwasserbehandlungen an sich selbst getestet, indem er täglich in der eiskalten Donau schwamm, um seine Tuberkulose zu behandeln.

Seine hydrotherapeutischen Behandlungs- methoden wurden von ihm durch ein pflanzen-heilkundliches Konzept ergänzt.

Neben dem Vater-Sohn Hahn Duo und Sebastian Kneipp gab es noch eine Reihe weiterer „Wasserdoktoren", die mit Kompressen, Kalt- und Heisswasseranwendungen auf sich aufmerksam machten.

Lange Zeit galt als Ursache von Krankheiten eine Verweichlichung. Mit entsprechend kaltem Wasser, dass aus 6 Meter Höhe auf den Patienten gegossen wurde, sollte dieser Verweichlichung entgegen gewirkt werden und so die Heilung herbei geführt werden.

Der entscheidende Durchbruch der Wassertherapie wurde jedoch erst von Karl Friederich Ferdinand Runge in Deutschland und Wilhelm Winternitz in Österreich herbeigeführt.

Beide besaßen eine Wasser-Heilanstalt, Runge in Nassau a.d. Lahn und Winternitz in der Nähe von Wien. Winternitz war der erste Mediziner im deutschsprachigen Raum, der 1899 sogar eine Professur für Hydrotherapie an der Universität Wien erhielt.

Die Therapie und deren Formen

Die Wassertherapie findet Anwendung bei verschiedenen Krankheitsformen. Sie findet ihre Anwendung bei akuten und chronischen Erkrankungen, zur Stabilisierung und Erhaltung von Körperfunktionen, zur Prophylaxe, zur Rehabilitation und Regeneration nach durchgemachten Krankheiten.

Primäre therapeutische Eigenschaft des Wasser ist der Temperaturreiz und weniger der Wasserdruck oder der Auftrieb.

Wasser kann als Therapeutikum in allen drei Aggregatszuständen genutzt werden, als Eis, warmes, temperiertes und kaltes Wasser, und als Wasserdampf.

Die lange Geschichte der Hydrotherapie ist dementsprechend verbunden mit einer großen Anzahl von Anwendungsformen.

Wir kennen Wickel, Kompressen, Waschungen, Packungen, Güsse, Teil- und Vollbäder mit und ohne Zusätze, die Sauna oder Dampfbäder.

Die Badformen nehmen dabei den überwiegenden Anteil der Therapieformen ein und werden thermisch definiert als kalt bei einer Temperatur unter 33° C, als thermoneutral bei Temperaturen bis 38° C, und als heiß bei Temperaturen über 38° C.

Die wichtigsten Therapieformen sind:

Kneippsche Güsse (Flachgüsse), bei dem ein Wasserstrahl mit nur geringem Druck auf Arme, Beine, Rücken, Gesicht oder den ganzen Körper eines Patienten gerichtet wird.

Beim Wassertreten durchwaten die Patienten ein Becken mit kniehohem, kalten Wasser.

Druckstrahlgüsse (Blitzgüsse) sind eine Modifikation der Kneippschen Güsse. Hier wird der Patient mit einem Wasserstrahl mit mittlerem oder hohem Druck behandelt.

Bei Bewegungsbädern werden im Wasser Bewegungsübungen und Gymnastik ausgeübt. Dies kann in Kombination mit einer Unterwasserdruckstrahlmassage erfolgen. Diese Form findet oft Anwendung bei Wirbelsäulenerkrankungen und Frakturen.

Bei Wickel oder Packungen werden einzelne Körperteile mit einem feuchten Tuch bedeckt, welches seinerseits mit einem trockenen Außentuch verpackt wird, um die Verdunstung zu verlangsamen.

Bei den klassischen Bädern wird unterschieden zwischen Teilbädern, bei dem nur Arme und Beine Wasser mit verschiedenen Temperaturen ausgesetzt werden, und Bürstenbäder, bei dem eine Bürstenmassage des Patienten erfolgt. Eine weitere Form ist das Stangerbad, bei dem der Patient in eine Wanne steigt, dessen Wasser galvanischen Strom leitet. Der schwache Stromreiz bewirkt eine Schmerzlinderung und wirkt durchblutungsfördernd.

Eine weitere Badform stellen die Armbäder dar. Kalte Armbäder werden bevorzugt bei nervösen Herzbeschwerden und Hypertonie eingesetzt, warme und heiße Armbäder bei rheumatischen Beschwerden und Mangeldurchblutung.

Bei Dampfbädern werden die Patienten heißem Wasserdampf ausgesetzt. Dieser kann mit ätherischen Ölen oder Kräutern versetzt sein.

Selbiges kommt in Saunen und türkischen Dampfbädern zum Einsatz.

Wirkung und Effekte

Eine Anwendung von kaltem Wasser bewirkt eine Konstriktion der betroffenen Gefäße, die reaktiv in eine Dilatation übergeht mit darauf folgender Erwärmung des behandelten Körperteils.

Es wird vermutet, dass dies einen analgetischen und antiphlogistischen Effekt herbeiführt. Eine längerfristige Kaltwasserbehandlung soll den Kreislauf und die Atemtätigkeit anregen.

Warm- und Heißwasseranwendungen bewirken eine Dilatation der Hautgefäße, wodurch es zu einer verbesserten Perfusion der Hautpartien und der darunter liegenden Muskulatur kommt.

Die Wassertherapie ist nur zum Teil integraler Bestandteil der Schulmedizin. Ihr Haupteinsatzgebiet bleibt der alternativen Medizin vorbehalten.

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